Sunday 12 October 2025
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kurier.at - 3 hours ago

Rohe Emotionen in Israel und Gaza - doch die Angst bleibt

„Danke Trump!“ – Immer wieder brechen am Samstagabend in Tel Aviv Hunderttausende Demonstranten in diesen Sprechchor aus. Als US-Chefunterhändler Steve Witkoff in seiner Danksagung auch den Namen von Israels Premier Benjamin Netanjahu erwähnt, kommt es zu spontanen Pfiffen und Buh-Rufen.Kurz vor der langersehnten Befreiung der Geiseln und einem Blitzbesuch des US-Präsidenten zeigen die Massen gemischte Gefühle. Freude und Jubel brechen spontan aus. Trauer und Wut lassen sich nicht auf Knopfdruck abstellen.REUTERS/Ronen ZvulunDonald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, US-Chefunterhändler Steve Witkoff sowie Trumps Tochter Ivanka (v. li.) bei einem Auftritt am Samstag in Tel Aviv.Iris Chaim, die Mutter der getöteten Geisel Jotam, äußert ihren Vorbehalt schon nach dem ersten Jubel am Donnerstag offen: „Jubelt bei euch zu Hause, nicht offen auf der Straße. Vergesst die vielen Toten nicht.“Traumata und SuizideRoi Schalevv überlebte das Massaker, das die Hamas-Terroristen auf dem Nova-Musik-Festival am 7. Oktober 2023 durchführten. Er verlor in diesem Blutbad seine Verlobte und seine Mutter. Den Jubel überlebte er nicht. Am Wochenende verbrannte er sich selbst in seinem Auto. Auf Facebook hatte er zuvor geschrieben: „Ich kann nicht mehr.“Ständig veröffentlichen israelische Medien die Telefonnummern der psychologischen Beratungsstellen. Israel hat seine Erfahrungen mit Kriegen. Meist sinkt währenddessen die Suizidrate. Doch nach dem Krieg nehmen die Überlebensinstinkte ab. Zu allen anderen Auslösern kommt dann oft noch eine weitere Qual: Die Schuld, überlebt zu haben.Gipfeltreffen in ÄgyptenAuch strategisch bringt die Zeit danach Probleme. Niemand weiß genau, was nach dem Jubel über die befreiten Geiseln kommt. Auch nicht die Regierungschefs aus 20 Staaten, die sich diese Woche zu einem Friedensgipfel im ägyptischen Scharm asch-Schaich einfinden wollen. Zur endgültigen Unterzeichnung und zu ersten Gesprächen über die Stufe II des Abkommens, die der Freilassung der israelischen Geiseln folgen soll.Es ist eine geschlossene Veranstaltung der Vermittlerstaaten. Neben Donald Trump haben sich unter anderem Emmanuel Macron (Frankreich), Friedrich Merz (Deutschland) und Keir Starmer (Großbritannien) angekündigt. Die arabischen Vermittler, allen voran Ägypten und Katar, werden diesmal auch von türkischen Diplomaten begleitet. Sie wollen den Aufbau des neuen Verwaltungsapparats im Gazastreifen fördern und absichern. Hamas-Vertreter erscheinen nicht. Israel hat nur eine Beobachterrolle.Für die Hamas ist „Frieden mit Israel“ grundsätzlich eine ideologisch unüberwindbare Mauer. Sie hat nur in eine Kampfruhe eingewilligt. Israels Regierung tut sich dagegen schwer mit den meisten auf dem Gipfel anstehenden Themen. EPA/HAITHAM IMADRund 500.000 vertriebene Palästinenser sollen bereits wieder in die Ruinen von Gaza-Stadt zurückgekehrt sein.Netanjahu machte immer wieder deutlich, dass ein zukünftiger Verwaltungsapparat im Gazastreifen ohne die Hamas, aber auch ohne die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) aus dem Westjordanland zu bilden sei, die 2007 von der Hamas aus Gaza vertrieben wurde. Doch bleibt Netanjahu mit seiner Forderung allein. Die PA erhielt am Sonntag feste Zusagen aller Vermittler, an der neuen Verwaltung im Gazastreifen beteiligt zu werden.Schon jetzt patrouillieren wieder Hamas-Kämpfer in GazaWie wichtig eine baldige Regelung der unklaren Vorgaben des 20-Punkte-Programms ist, zeigte sich bereits in den ersten Stunden des israelischen Teilabzugs aus Gaza. Sofort erschienen um die 7.000 maskierte Bewaffnete der Hamas in den geräumten Gebieten. Es soll bereits zu ersten Festnahmen und auch Tötungen mutmaßlicher Kollaborateure gekommen sein.APA/AFP/EYAD BABAHamas-Kämpfer patrouillieren schon wieder in Teilen von Gaza-Stadt - dieses Foto stammt vom 12. Oktober.Israel hat in den letzten Kriegsmonaten das Auftreten lokaler Milizen zugelassen. Sie übernahmen die Absicherung der von den USA und Israel eingerichteten Verteilungszentren für humanitäre Hilfe. Ihre Mitglieder sind Angehörige mächtiger Clans in Gaza oder ehemalige Beamte der entmachteten PA-Verwaltung.So lange sich Bewaffnete frei im Gazastreifen bewegen, werden internationale Truppen keine große Bereitschaft zeigen, die Kontrolle dort zu übernehmen.Soll heißen: Sowohl die Entmachtung wie auch die Entwaffnung der Hamas stößt bereits auf Probleme. Trotzdem hat bereits die Rückkehr der geflohenen Menschen im Gazastreifen in ihre meist völlig zerstörten Häuser begonnen. Die Angst vor dem Krieg schwindet. Die Angst vor der Hamas bleibt.


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