Thursday 30 October 2025
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kurier.at - 20 hours ago

Internorm-Chef: Sollten verkarstete Strukturen nicht weiter finanzieren

Das aus dem bekannten Hersteller Internorm hervorgegangene Internationale Fensternetzwerk (IFN) vereint mehrere Unternehmen im Bereich Fenster, Türen und Beschattung in einer Gruppe. Christian Klinger bildet gemeinsam mit seiner Cousine und seinem Cousin die dritte Eigentümergeneration des Familienunternehmens.KURIER: Bei unserem letzten Gespräch vor einem Jahr haben Sie Sie 18 Prozent Umsatzrückgang für das Geschäftsjahr 2024 befürchtet. Geworden sind es 3 Prozent. Ist das ein positives Signal?
Christian Klinger: Ich kann mit einem klassischen Jein antworten. Die Baubranche - und als Baunebengewerbe gehören wir dazu - ist nach wie vor in einer schwierigen konjunkturellen Situation. Warum es besser lief als erwartet, war einerseits gutes Management. Andererseits war die Sanierungsförderung 2023/24 sehr erfolgreich. Das hat uns geholfen. Bei unseren Firmen im Ausland ist das Online-Geschäft umso besser angesprungen, je schwieriger die Konjunkturlage war. Diese Antizyklizität war eine angenehme Überraschung.Will IFN jetzt das Online-Geschäft im Allgemeinen stärken?
Online erreichen wir ganz andere Kundensegmente, etwa Privatkunden, die bereit sind die Montage selber zu übernehmen. In den nordischen Ländern, mit vielen Holzhäusern, ist das etwas einfacher. Aber auch in zentral- und südeuropäischen Märkten sind Leute immer öfter dazu bereit, Produkte mit Anleitungen selbst zu montieren. Unsere Marken Skanva und Neuffer sprechen diese Kunden an. Mit Internorm bekommen sie ein Gesamtpaket aus innovativen Produkten, professioneller Montage und After-Sales-Services.Ist man Online nicht noch mehr Konkurrenz und Preisdruck ausgeliefert?
Sie müssen es besser machen als die anderen. Sie brauchen Online-Spezialisten, die Fenster können und nicht umgekehrt. Viele Bauelemente-Unternehmen glauben, sie können mit derselben Mannschaft, mit der sie ihr klassisches Geschäft betreiben, da hineingehen. Das ist aber eine ganz andere Welt.Sie appellieren an die Regierung, sich mehr bei Haussanierungen zu engagieren. Ist das angesichts der angespannten Budgetsituation sinnvoll?
Wir würden unser Geschäft auch ohne Sanierungen machen, aber Österreich ist bei Klimazielen nicht auf Pfad und riskiert milliardenschwere Strafzahlungen. Gebäude spielen bei der CO2-Bilanz eine sehr relevante Rolle. Mit thermischer Sanierung kann man den Energiebedarf stark reduzieren, danach kann man auch die Heizung tauschen. Und der Staat bekommt für jeden eingesetzten Euro zwei Euro zurück. Wenn ich ein Budget sanieren will, würde ich auf diese zusätzlichen Rückflüsse nicht verzichten. Die optimale Fördersumme liegt bei 30 Prozent. Mehr braucht es nicht.Was halten Sie momentan für die größten Probleme des Wirtschaftsstandortes Österreich?
Für unser Unternehmen sind zwei Dinge die größten Probleme. Die Lohnsteigerungen der letzten drei Jahre waren ein Schlag in den Nacken. Wir haben damit unsere Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich massiv verschlechtert. Wenn die Lohnkosten einmal das 2,5-Fache von EU-Nachbarn erreichen, dann wird das ganz schwierig vermittelbar. Bei Wirtschaftsveranstaltungen werde ich teilweise gefragt: Wie deppert sind Sie, dass Sie nach wie vor in Österreich bleiben? Der Tenor von vielen ist: In Österreich investiere ich keinen Euro mehr.Was ist das zweite große Problem?
Bei unserer Sonnenschutzfirma Schlotterer wollen wir einen Standort erweitern. Seit fünf Jahren versuchen wir, dort zu bauen. Wir würden weit über 100 Millionen Euro investieren. Die gewerberechtliche Genehmigung haben wir seit mehreren Jahren. Mit dem Umweltschutz kämpfen wir immer noch. Wir haben extrem viele Auflagen bekommen und alle umgesetzt. Bis die Umweltverträglichkeitsprüfung abgeschlossen ist, wird die gewerberechtliche Genehmigung wahrscheinlich abgelaufen sein. Wir sind vom Standort Österreich zu hundert Prozent überzeugt. Der Markt wäre da, wir könnten hunderte Arbeitsplätze schaffen. Aber damit schmeißt man uns nicht mehr nur Knüppel zwischen die Füße, man bindet uns fest.Kurier/HERMANN WAKOLBINGERChristian Klinger (re.) bei seinem Interview mit dem KURIER in der IFN-Zentrale in Traun.Wie könnten diese Probleme gelöst werden?
Wir brauchen sehr moderate Lohnabschlüsse für die nächsten Jahre und müssen uns an unsere europäischen Nachbarn anpassen. Sonst wird einfach weniger investiert. Dann siedeln sich vielleicht Datenzentren an, die kaum Arbeitsplätze bringen, aber die klassische Industrie ist aus dem Spiel.Die Lohnerhöhungen liegen ja vor allem an der hohen Inflation. Wie soll man die in den Griff bekommen?
Wir müssen uns mehr an der EU-Inflation messen, sonst werden wir mit unserer Lohn-Preis-Spirale als Fallbeispiel in Lehrbüchern enden. In den letzten fünf bis zehn Jahren ist eine Politik gemacht worden, mit der man gegen jede volkswirtschaftliche Lehre verstoßen hat. Spanien hat das zum Beispiel viel besser gemacht als wir. Die haben andere Wachstumsraten, die haben auch eine andere Staatsquote. In Österreich haben wir eine Staatsquote von 56,6 Prozent - das ist die dritthöchste in der EU. Ich glaube man muss grundsätzlich ein paar Dinge anders denken, auch den Föderalismus.Was ist Ihre Meinung dazu?
Eine Staatsform, die sich eigentlich in der K.u.k.-Monarchie entwickelt hat, leisten wir uns im 21. Jahrhundert - trotz aller Chancen der Digitalisierung - immer noch. Ich verstehe nicht, warum wir uns das als Gesellschaft leisten. Warum rechnet man sich nicht aus, was die Bürokratie pro Jahr pro Person kostet und sieht sich Alternativen dazu und deren Kosten an? Und fragt dann die Bevölkerung: Ist es euch das wert?Wie wahrscheinlich ist es, dass sich da etwas ändert?
Ein Unternehmer, der nicht optimistisch ist, sollte sich einen anderen Job suchen. Wir müssen wettbewerbsfähiger werden. Wenn bei einer Föderalismusreform Leute frei werden: Wir brauchen in Zukunft erfahrene und qualifizierte Leute. Einen Job bis zur Pension ausüben, funktioniert ohnehin nicht mehr. Es ist auch gut, dass der Wirtschaftsminister das Thema Teilzeitbeschäftigung anspricht. Die absolut geleisteten Arbeitsstunden sind rückläufig.Bei welchen Themen denken Sie sich: Es ist schon super, wie das in Österreich läuft?
Wir leben in einem Staat, in dem viele andere gerne leben würden. Wir haben eine gesunde Mischung aus Flexibilität und Intelligenz. Es gibt ein riesiges Potenzial, dass wir interessante Jobs schaffen, wenn man uns lässt. Wir sollten aber verkarstete Strukturen, die nicht mehr zeitgemäß sind, nicht weiter finanzieren. Damit bleibt Geld auf der Strecke, das produktiv investiert werden könnte. Wir werden jedenfalls nicht abwandern. Prinzipiell sind wir ein super Land. Machen wir wieder etwas daraus.


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